Die meisten Menschen kennen die Geschichte von Robin Hood, dem Helden, der von den Reichen nimmt und den Armen gibt, vom Sheriff von Nottingham, Little John und Friar Tuck. Eigentlich ein alter Hut, aber dieser Hut wurde von Karin Below aufgenommen, entstaubt, ein punkiges Kostüm angenäht und dann mitsamt Rockmusik auf Englisch präsentiert. Und es war so phänomenal wie genial.
Als erstes betrat Robin Biel als Sheriff von Nottingham die Bühne und erklärte dem Publikum, dass Geld und Macht die Welt regiere. Schon beim ersten Auftritt machte sich dank des schauspielerischen Talents ein ungutes Gefühl beim Publikum breit, was aber gar nichts im Vergleich zu den späteren Szenen war. Denn hier schaffte Robin Biel es tatsächlich Ekel, Abneigung und Erschrecken hervorzurufen, wie es nur ein wahrer Bösewicht zu tun vermag.
Kurz darauf kam auch schon Isabelle Bortt als Robin Hood auf die Bühne gesprungen. Am Anfang wurde diese Inszenierung des Retters interessanterweise etwas zurückhaltend gespielt, entfaltete sich im Laufe des Stücks und war ab der Hälfte einfach nur noch cool. Isabelle Bortt vermochte es, diese Charaktereigenschaften überragend in Szene zu setzen, indem sie wie jedes Jahr ihr gesamtes Repertoire aus Gestik und Mimik abfeuerte und zielsicher in die Herzen der Gäste traf.
Auch Elisabeth Füller als Marian spielte ihre Rolle ebenso überzeugend wie hervorragend und das ganze Publikum musste entweder mitleiden, wenn Marian wieder und wieder vom Sheriff bedrängt wurde, oder aber mitlachen, als diese smarte Lady dem auf der Leitung stehenden Robin auf die Sprünge helfen musste.
Doch was wäre ein Stück ohne ihre Nebendarsteller. Und diese standen in ihrer schauspielerischen Leistung keineswegs hinter den Hauptdarstellern. Vanessa Volpp in ihren verschiedenen Rollen erstaunte Eltern, Schüler*innen und Lehrkräfte mit ihrer Bandbreite an Mimiken, Eveline Matejevski als edle Hofdame oder Krankenschwester überzeugte auf voller Länge, Antoine Sá Pereira erweckte als armer Penley das Mitgefühl aller im Saal und Christian Canz und Karl Krause als Handlanger ließen das Publikum eine ganz schöne Wut gegen das System empfinden. Hin und wieder brachten diese zwei das Publikum auch zum Lachen, aber dies schaffte auf der Bühne niemand so gut wie Ben Gaugel, der personifizierte Comic Relief. Immer, wenn er auf die Bühne kam, schaffte er es, dass die Menschen aus dem Lachen nicht mehr herauskamen. Ob beim Tanzen, Reden oder Sterben: Ben ist einfach so unglaublich komisch, dass man sich immer freut, wenn eine Szene mit ihm zu sehen ist.
Sofia Braun, als die Schwester von Robin Hood, hatte wiederum sehr seriöse Szenen und schaffte es, das Publikum nach den vielen Lachern wieder zum eigentlichen Ernst des Stücks zurückzuholen. Josefine Wittlinger hatte endlich mehr zu spielen als im Vorjahr und konnte hervorragend zwischen fröhlich und traurig, elegant und lässig in ihren Rollen hin- und herspringen. Jordan Tkacz als Little John kam mit einer bewundernswerten Lockerheit und Selbstverständlichkeit die Treppen des Foyers heruntergeschlendert und strahlte eine Coolness aus, die der von Isabell Bortt in nichts nachstand. Damiano Bargolini ist der wahrscheinlich alternativste Friar Tuck, der jemals auf einer Bühne stand, und auch Sina Steinwedel, trotz kleiner Rolle, verzauberte mit ihrem Charme das Publikum
Das in allen möglichen Notfällen flexibel einsetzbare „Schweizer Taschenmesser“ des Englischtheaters, René Fischer, kam auch dieses Jahr zu einem Einsatz auf der Bühne, da es einen kurzfristigen Personalausfall gab. Er spielte, wie jedes Jahr, seine Rollen herausragend und absolut niemand hat gemerkt, dass er nur eingesprungen ist.
So großartig, wie jeder einzelne von ihnen ist, würde das alles natürlich niemals funktionieren, wenn sie nicht von Karin Below als aufopfernde Theatermama zusammengebracht worden wären. Sie selbst spielt ihre Rolle immer herunter, aber sie ist es, die als Herz und Seele diese AG zusammenhält. Auch Laura Bullinger hat an einigen Stellen mitgewirkt und sie ist es, die nächstes Jahr in die nicht ganz so kleinen Fußstapfen von Karin Below treten muss.
Alle, von Souffleuse Salome Matscheko über Schauspieler*innen bis hin zum Tontechniker Marcel Milbich, malten an zwei Abenden ein fantastisches Theaterbild, das selbst die wunderschöne Kulissenlandschaft (kreiert von Anne-Lisa Röser) in den Schatten stellte. Man merkt diesen jungen Menschen die Liebe zum Theater, die Liebe zum Englischen und die Liebe zueinander deutlich an. Sie sind halt eine kleine, komische, kreative Familie und das, was sie auf der Bühne geleistet haben, war enorm. Enorm witzig, enorm traurig und enorm schön.
We, Juli 2025