Dass dieser Mittwoch, der 13.6.18 kein normaler Schultag werden würde, war schon vor der ersten Unterrichtsstunde allen klar: Das Schulgelände war mit Baustellenzäunen verbarrikadiert und an den Türen der Schulgebäude fanden sich Plakate mit der Aufschrift „Irrenanstalt. Betreten auf eigene Gefahr! Mit Belästigungen muss gerechnet werden.“
Kurz vor Ende der zweiten Stunde ertönte dann in allen Klassenzimmern eine Lautsprecherdurchsage. Schüler wie Lehrer sollten die Klassenzimmer verlassen und sich auf dem Schulhof einfinden. Ein Entkommen war inzwischen unmöglich, sämtliche Ausgänge des Schulgeländes wurden von Abiturienten kontrolliert. Auch der Zugang zum Lehrerzimmer war inzwischen mit einer Weichbodenmatte gesperrt; Abiturienten in weißen Arztkitteln trieben jene Schüler und Lehrer mit Trillerpfeifen zur Bühne auf dem Pausenhof, die den Weg dorthin bislang noch nicht gefunden hatten.
Dort ertönte zunächst eine Lautsprecherdurchsage, aus der hervorging, dass der Schulleiter, Herr Schuhmacher, in Gewahrsam genommen worden sei und nur bei einem Sieg der Lehrer in den nun folgenden Spielen „Schüler gegen Lehrer“ freigelassen werde. Bedingung für eine spätere Freilassung war außerdem gewesen, dass er auf Tonband erklärt hatte, der reguläre Unterricht sei für diesen Tag nun beendet.
Alle konnten zusehen, wie der gefangengenommene Herr Schuhmacher nun auf die Bühne geführt wurde, wo er gemeinsam mit den Abiturienten deren Abitanz darbieten musste.
Bei den folgenden Spielen – TV-Kinderserien-Quiz, Mohrenkopf-Wettessen ohne Hände, Bobbycar-Rennen, Karaoke-Singen, Pantomime und Flachwitz-Challenge – gewannen mal die Schüler, mal die Lehrer; insgesamt aber gingen dann doch die Lehrer als Sieger der Spiele hervor. So war es möglich, dass der Schulleiter, Herr Schuhmacher, nicht nur seine Freiheit wiedererlangt hatte, sondern bei dem nun folgenden Lehrer-Abiturientienten-Volleyball-Turmier die Rolle des Stadionsprechers einnehmen konnte.
Die Lehrer holten mit Ehrgeiz und guten Spielzügen einige Punkte, aber letztendlich siegten die Abiturienten, die – zugegeben – einfach besser waren als ihre Lehrer.
Ab 13 Uhr fand noch ein gemeinsames Grillen auf dem Schulhof statt, bei dem auch die beiden Hausmeister wieder mit von der Partie waren.
Dieser Tag, an dem das HGÖ statt Bildungsanstalt einfach mal Irrenanstalt gewesen war, hat einigen Lehrern so gut gefallen, dass sie gegen 16 Uhr, als die Abiturienten allmählich mit dem Aufräumen begannen, noch immer auf dem Schulhof saßen und nur schleppend die Biergarnituren freigaben.
Ls, Juni 2018