„Ich bin echt gespannt, ob es euch gefällt“ konnte man eine leicht nervöse Katja Giehl im Lehrerzimmer am Tag vor der ersten Aufführung sagen hören. Anschließend erklärte sie, dass es eben ganz anders als das Stück Lysistrate von letztem Jahr sein würde. Man war gespannt, nahm auf den Stühlen Platz und ließ das Theaterstück auf sich wirken.
Die lebenserfahrene Seniorin Vera (gespielt von Sina Steinwedel oder Luisa Wais) und die ungestüme Schülerin Zoe (gespielt von Janina Elmers oder Salome Matscheko) leiteten durch das gesamte Stück. Unter Leistungsdruck stehende Nerds (Hilda Gneuß, Sarah Swoboda und Arina Schulz) sowie Franka Peuser als notenauswürfelnde Lehrerin und Johanna Graßmann als kompromissloser und aufbrausender Vater zeigen dem Publikum zum Auftakt auf amüsante Weise, wie es an manchen Stellen in unserer Gegenwart aussehen könnte. Dass, wenn zwei Erwachsene sich über die Zukunft eines Kindes streiten, die Belange, Sorgen und Wünsche der jungen Menschen komplett ignoriert werden, ist nur eines der Probleme, die wir in unserer heutigen Gesellschaft haben. Genau mit diesen Problemen ist die junge Zoe im Stück konfrontiert.
Zoe erzählt Vera von ihrer verzweifelnden Lage, woraufhin Vera dem Mädchen und dem Publikum ihre Vergangenheit offenbart. Während sie erzählt, sieht man, was die junge Vera (gespielt von Klara Blachut) durchleben musste. Auf der einen Seite wurden Krieg und Verzweiflung gezeigt, die aber durch die innige Freundschaft mit ihrer Freundin Lore (gespielt von Emma Wenczel) wieder aufgefangen wurde. Aus Freundschaft entwickelte sich langsam eine Jugendliebe, die natürlich in so einer Zeit nicht wirklich sein durfte. Schon vor 50 Jahren musste sich Vera am Essenstisch den Spruch „Solange du deine Füße unter meinem Tisch ausstreckst…“ anhören. In dieser Szene brillierte nicht nur Klara Blachut, sondern auch Emilian Dörrer als ihr Bruder und Silas Oberndörfer als dickbäuchiger Vater. Selbst Ann-Sophie Kübler als liebevolle Mutter konnte ihren ungestümen Mann nicht beschwichtigen und Elisabeth (Nibs) Füller als Jutta, der Schwester, stand das Entsetzen über das Verhalten ihrer Familie ins Gesicht geschrieben.
In einer herzzerreißenden Abschiedsszene erfährt Zoe, dass selbst wenn man seine Liebe gehen lassen muss und man am Boden zerstört ist, das Leben weitergeht und man mit den Würfeln des Lebens einfach weiterspielen muss. Welches Ende Vera und die gealterte Lore (gespielt von Thea Michl) ab diesem Punkt ereilt, das konnte sich das Publikum selbst aussuchen. Nur eines war am Ende klar: Zoe entscheidet sich für das Leben, mit all seinen Tücken, Schwierigkeiten und mit seiner Liebe.
Cont;nue mag nicht die Lockerheit und ganz so viele Lachmomente wie Lysistrate vom letzten Jahr beinhalten, doch es ist deswegen nicht weniger brillant. Dieses Stück mit all seinen wunderbaren Darsteller*innen besaß die Botschaft, dass alle im Saal, ob Lehrkräfte, Schülerschaft oder Eltern, ihr Handeln hinterfragen und sich nicht mit dem „So wird das halt gemacht!“ abgeben sollten. Auch wenn das Thema ernst war und die Geschichte eigentlich nicht zum Lachen ist, so schaffte es die Theater-AG, genau an den richtigen Stellen Witze einzubauen, sodass neben allem Ernsten auch stets Raum für Lustiges war – zum Beispiel für die Gruppe von Krankenschwestern, die als personifizierte „KI“ immer wieder Hintergrundinformationen und Zusatzerklärungen lieferte (Maria Walther, Eileen Horvath, Paulina Könich, Paula Blachut, Dana Gutbrod). Ähnlich war auch Gareths (Pauline Matschekos) verzweifelter Monolog über die Sinnlosigkeit des eigenen Seins und Handelns gleichermaßen ernst wie urkomisch.
Bei all dem spürte man den tadelnden Zeigefinger als Zuschauer nie, obwohl er stets präsent war. Aufmerksame Zuschauer erkannten auch Louis Neumann und Fortunato Dal Molin, die letztes Jahr Abitur gemacht hatten und für zwei kleine Rollen an das HGÖ zurückkehrten.
Ob es uns gefallen hat? Tosender Applaus, sogar innerhalb der Szenen für ganz besonders eindrucksvolle Leistungen, konnten der Theater-AG viel besser als jedes hier geschrieben Wort widerspiegeln, wie sehr es jeden Einzelnen begeistert hat. Katja Giehl hat sich etwas getraut und mal wieder bewiesen, wie sehr sie unsere Schule bereichert. Danke für diesen unfassbar bereichernden Abend.